So agieren Sie jetzt marktgerecht

Der Aktienmarkt stellt uns weiterhin auf eine Geduldsprobe. Die Verluste in den breiten Indizes sind zwar nicht dramatisch, aber eben stetig. So haben DAX oder S&P 500 in dieser Woche erneut leicht über 1 % abgegeben.

Das Problem ist bekannt: Die Marktzinsen streben unverändert aufwärts. So rentieren 10-jährige US-Anleihen guter Bonität momentan bei rund 4,7 %. Wenn man bedenkt, dass der US-Leitzins, der ja ein Tageszins ist, zwischen 5,25 und 5,5 % steht, versteht man sofort, dass die längerfristigen Marktzinsen vermutlich weiter steigen werden. Einzelne Rentenfondsmanager halten mittlerweile sogar Zinsrenditen im US-Markt von 6 % für möglich.

Wie erklären sich eigentlich die steigenden Marktzinsen in den USA und in der Euro-Zone? Schließlich werden weder Fed noch EZB den Leitzins in absehbarer Zeit nochmals anheben. Wir sehen klassische Nachholeffekte im Zinsmarkt, denn die Leitzinsen sind im Prinzip zunächst stärker angehoben worden, als die Marktzinsen gestiegen sind. Nun ziehen diese also nach.

Und hier gilt: Der Leitzins ist realwirtschaftlich betrachtet für ein Unternehmen eher von theoretischer Natur, denn Unternehmen finanzieren sich nicht über die Fed, sondern eben draußen am Markt. Und dort drückt die Zinspresse immer noch. Jeder Marktteilnehmer weiß, dass die Währungshüter diesem Effekt erst einmal nicht Einhalt gebieten werden. Im Gegenteil: Der steigende Realzins gehört zum Plan der Notenbanken, um die Inflation weiter zu bekämpfen.

Die positive Nachricht: Dieser Anpassungsprozess der Marktzinsen wird in den kommenden Wochen allmählich auslaufen. Bis dahin allerdings wird der Aktienmarkt wenig Sonne haben.

 

Unsere Taktik: AMD bleibt ein Kauf  

Jetzt aber Butter bei die Fische! Wie lange wird uns der Aktienmarkt noch quälen? Wann kommt die Wende? Ich bemühe eine Statistik. Danach sind die Börsenmonate Oktober bis inklusive Dezember in der Regel für uns angenehm. In der Tendenz baut sich der Aktienmarkt gerne zum Jahresende nochmals konstruktiv auf. Üblicherweise bringt uns der Dezember dabei die besten Renditen der drei genannten Monate. Als Börsianer bezeichnen wir diese letzten Prozente gerne als Jahresendrally.

Das optimistische Szenario: Ich gehe momentan nicht zwingend davon aus, dass uns der Oktober bereits die Wende bringen wird. Im Gegenteil. Ich sehe weitere moderate Verluste für den breiten Aktienmarkt voraus. Der stramme Anstieg der Marktzinsen gibt uns kurzfristig kaum Perspektive. Gleichwohl halte ich eine Jahresendrally im Dezember unverändert für möglich.

Das pessimistische Szenario: Danach müssen wir erst einmal damit leben, was uns das Börsenjahr 2023 bisher gegeben hat. Der S&P 500 etwa notiert seit Jahresbeginn immer noch rund 10 % im Plus. Vielleicht werden wir am 31. Dezember feststellen, dass der S&P 500 dann immer noch bei 10 % Plus notieren wird. Die Anpassung an die neuen Marktgegebenheiten braucht ihre Zeit.

Wie sieht nun unsere Taktik für den Jahresausgang aus? Ich bestätige unverändert meine Kaufempfehlung für die Aktie der AMD. So hat gerade diese Woche gezeigt, dass der Trend Künstliche Intelligenz trotz der allgemeinen Marktmüdigkeit unverändert intakt ist. Deshalb verbesserten sich unsere KI-Positionen Microsoft und Arista Networks jeweils um knapp 2 %. Gleichwohl gehe ich davon aus, dass wir auch in diesem Marktsegment nächstens noch (begrenzte) Kursschwäche sehen werden. Und genau dann packen wir bei AMD zu.

Folglich gelten die von mir in der vergangenen Hauptausgabe genannten Abstauberlimits von 88 USD bzw. umgerechnet 82,80 Euro weiterhin. Lassen Sie die Order unkompliziert bis Ende Oktober (ultimo) durchlaufen.

Ist die Chip-Aktie dann noch nicht im Depot, können wir im November in einem besseren Marktumfeld gerne das Kauflimit nach oben anpassen. Momentan gilt: Wir lassen den Kurs auf uns zukommen. Die Verkäufer sind momentan nicht am Drücker. Wir entscheiden als Käufer über den Kurs. Die aktuell aufgerufenen 100 USD pro AMD-Aktie sind mir zunächst noch zu hoch.

 

L&G Clean Energy muss gehen – Cashquote weiter wichtig

Im Gegenzug soll der ETF L&G Clean Energy das Trenddepot verlassen. Leider müssen wir hier einen schmerzhaften Buchverlust realisieren. Die Maßnahme ist aus zwei Gründen unvermeidlich: Die angesprochene Zinspresse verzögert weltweit die eingeleitete Klimawende. Denn der Aufbau neuer Solar- oder Windparks kostet viel Fremdkapital. Folglich braucht die Branche eine echte Zinswende, damit die Unternehmen wieder Gas geben können. Die politischen Maßnahmen – wie etwa Förderprogramme und andere Begünstigungen – haben nicht die Kraft oder Dimension, den Klima-Markt zu drehen. Wir werden das Thema im kommenden Jahr nochmals mit ein oder zwei Einzel-Aktien aufgreifen.

Verkaufsgrund Nr. 2: Die gegenwärtige Marktlage verlangt nicht, dass wir unsere Depots nun pauschal ausräumen. Wenn wir allerdings AMD kaufen, muss an anderer Stelle ein Titel aus dem Depot gehen. Kurzfristig möchte ich nicht, dass wir die Aktienquote in unseren Depots anheben. Das wäre im Augenblick nicht marktgerecht.

Ferner möchte ich, dass Sie jetzt schon frische Mittel (Cashquote) versammeln, um irgendwann zur Jahreswende handlungsfähig zu sein. Generell rate ich derzeit zu einer soliden und prozentual zweistelligen Cashquote.

Meine Empfehlung: Der ETF hat zuletzt stark gelitten. Die Dimension der Korrektur ist allerdings übertrieben. So definiere ich das Verkaufslimit bei 8,60 Euro, also rund 20 Euro-Cent über dem aktuellen Kurs. Die übliche Erinnerung für die aus Südtirol „zugeschalteten“ Leser: Sie können den ETF-Fonds problemlos und mutmaßlich etwas spesengünstiger über Mailand handeln.

Neue Einstufungen: Seien Sie fokussiert auf AMD und VW

Ich fasse nochmals meine Kauftaktik zusammen: Grundsätzlich halte ich nichts davon, jetzt in einen Käuferstreik zu treten. So bietet Ihnen derzeit die VW-Aktie wahrscheinlich ein historisch günstiges Einstiegsniveau. Der Markt preist hier gegenwärtig fast einen halben Unternehmenskonkurs ein. Das ist maßlos übertrieben. Folglich belasse ich die Vorzugsaktie aus Wolfsburg auf Kaufen.

Daneben rate ich zu AMD sowie dem SPDR Dividend Aristocrats. Den ETF kann man praktisch als Dauerkauf betrachten. Natürlich ist das gegenwärtige Zinsumfeld kein typischer Kurstreiber für Dividenden-Aktien. Auf der anderen Seite bieten Ihnen diese Dividenden-Aristokraten operativ betrachtet die stabilsten Geschäftsmodelle des internationalen Kurszettels. Mit diesen Aktien ist noch niemand arm geworden. Wie Sie wissen, gehört es zur DNA dieser Stark-Unternehmen, dass man die Dividende in jedem Marktumfeld anhebt.  

Die übrigen Werte des Trenddepots habe ich heute zunächst auf Halten zurückgenommen. Mir ist es jetzt wichtig, dass Sie punktuell und fokussiert agieren und nur dort zufassen, wo es wirklich preiswert ist. Meine frischen Neueinstufungen entnehmen Sie wie üblich der Ansicht des Trenddepots.