EZB begrenzt Zinsphantasie – Eskalation im Roten Meer

Der NASDAQ 100 kann sich in dieser Woche bislang erfreulich um rund 3 % verbessern, nachdem das Tech-Barometer ziemlich weich ins neue Börsenjahr gestartet ist. Generell haben die Aktien allerdings zuletzt keine großen Sprünge geschafft. So wird der DAX die Handelswoche bestenfalls mit einem Mini-Plus von vielleicht 0,5 % beenden.

Kurzfristig müssen wir einige Schwachnachrichten verdauen. Bereits seit Tagen greifen die jemenitischen Huthi-Rebellen Schiffe an, die das Rote Meer durchfahren. Diverse Logistiker leiten ihre Tanker und Container-Schiffe nun um. So haben die Ägypter seit Jahresanfang einen Rückgang des Schiffsverkehrs im Suez-Kanal um 30 % registriert.

Die Route ist für die Versorgung Europas von großer Bedeutung. Hierzulande hat Tesla bereits die Produktion am Standort Grünheide (Brandenburg/Berlin) unterbrechen müssen, da Bauteile fehlen. Das weckt natürlich allerorten ungute Erinnerungen an die Lieferengpässe der Corona-Zeit.

Mittlerweile fliegt eine Allianz unter Führung der USA und Großbritannien Flugangriffe gegen die Stellungen der Huthi. Prompt zogen auch die Ölnotierungen wieder zumindest moderat an.

Unterdessen haben sich die Teuerungsraten zuletzt nicht so positiv wie zuvor entwickelt. Schon vor einigen Tagen meldete Eurostat für die Euro-Zone im Dezember einen Anstieg der Preise von 2,9 nach zuvor 2,4 %. In den USA wiederum ist die viel beachtete Kerninflation in diesem Zeitraum nur marginal gefallen. Das dämpft also die Hoffnungen auf rasche Senkungen des Leitzinses. EZB-Chefin Christine Lagarde hat sogar erklärt, dass Zinssenkungen erst Realität werden, wenn die Euro-Zone das Inflationsziel von 2 % erreicht. Da hatten wir schon auf eine etwas lockerere Hand der Französin gehofft.

Gleichwohl müssen wir die letzten Schwachnachrichten in ihrer Dimension nicht dramatisieren. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Huthi-Rebellen militärisch ausreichend ausgestattet sind, um die Schifffahrt im Roten Meer längerfristig zu stören. Ferner bin ich fest überzeugt, dass wir spätestens im zweiten Halbjahr die lang ersehnte Zinswende sehen werden. Die Hoffnung, dass etwa die US-Notenbank bereits im März runterfährt, konnte ich ohnehin nicht nachvollziehen. Hier rate ich zu einer realistischen Betrachtung.

Technisch betrachtet ist der Markt nach der starken Jahresendrally ohnehin noch überkauft. Das deutet darauf hin, dass uns noch einige langweilige Handelstage bevorstehen. Unterdessen läuft die Berichtsaison an. So wird heute Nachmittag die US-Großbank JP Morgan aus dem abgelaufenen Quartal berichten. In der kommenden Woche öffnet dann der Aluminiumhersteller Alcoa die Bücher. Hier werden wir dann wichtige Aufschlüsse zur Verfassung des globalen Industriesektors haben.

Momentan bin ich ganz guter Dinge, dass die Unternehmen in den kommenden Wochen mehrheitlich vernünftig berichten werden, sodass die Berichtsaison dem Aktienmarkt wieder frische Impulse liefern kann.

 

VW überzeugt mit zweistelligem Absatzwachstum – China aber schwach

Der Autobauer VW hat im abgelaufenen Jahr markenübergreifend 9,2 Millionen Einheiten verkauft und damit fast 12 % mehr als im Vorjahr 2022. Freilich haben die Norddeutschen ihre eigenen Zielsetzungen nicht ganz geschafft. So sollten eigentlich weltweit rund 9,5 Millionen Fahrzeuge verkauft werden. Auf niedrigem Niveau erfolgreich war man daneben in der E-Mobilität. So verkaufte VW weltweit knapp 400.000 Vollstromer und damit 21 % mehr als 2022. Zum Vergleich: Tesla hat allein im abgelaufenen Quartal 480.000 Einheiten auf die Straßen dieser Welt gebracht. Die Fakten sind also klar: VW fährt weiterhin mit großem Abstand hinter dem Marktführer.

Das China-Problem: Der Autoabsatz im Reich der Mitte bleibt unverändert – auch für andere Autobauer – hinter den Erwartungen zurück. Dort expandierte VW den Absatz nur um bescheidene  2 %. Damit hat man erstmals seit Jahren wieder mehr Autos in Westeuropa als in China verkauft. Ein ähnliches Bild bei Porsche: Dort ist der Absatz sogar prozentual zweistellig gefallen, sodass sich die Sportmarke nun besser in Nordamerika als in China verkauft. Anders formuliert: China ist für viele international agierende Autobauer kein Wachstumsmarkt mehr.

Fazit: Die Absatzzahlen sind sehr vernünftig, sehr solide. Problematisch ist freilich die Schwäche des China-Geschäftes sowie der eher langsame Aufbau der Sparte E-Mobilität. So fehlt der Auto-Aktie erst einmal echtes Kurspotenzial. Ich nehme die Vorzugsaktie der VW daher zunächst auf Halten herunter. Ende Mai erwartet uns hier eine großzügige Dividende in einer Spanne zwischen 8 und 8,80 Euro. Danach werden wir dann möglicherweise veräußern und nach kursstärkerem Material Ausschau halten.

Empfehlung: halten

HPE greift nach Juniper – Arista-Aktie stark gesucht

In der Branche der Netzwerktechniker steht eine milliardenschwere Übernahme bevor, die unter anderem auch die Aktie der Arista Networks (+9 %) beflügelt hat, obwohl unsere Depotposition nicht Teil der Transaktion sein wird. So greift Hewlett Packard Enterprise (HPE) – nicht zu verwechseln mit HP Inc. – nach dem Konkurrenten Juniper Networks. Die Übernahme sollte rund 14 Milliarden USD schwer sein. Was bedeutet das für den Markt?

Erst einmal zeigt die Übernahme, dass der Markt für Netzwerktechnik und IT-Infrastruktur derzeit heiß ist. Generell gelten die Netzwerke, die Rechenzentren und Cloud-Server momentan als stark unterdimensioniert, vor allem dann, wenn KI-Anwendungen weitere Verbreitung finden. Ich formuliere anschaulich: Komplexe Hochleistungs-Software trifft auf Infrastruktur aus dem vergangenen Jahrhundert. Das wird nicht aufgehen. Ergo müssen die Unternehmen wie Microsoft, Meta Platforms oder Apple investieren.

Absehbar wird die neue Verbindung HPE und Juniper den aktuellen Marktführer für Netzwerk-Komponenten Cisco vom Thron stoßen. Solange die Nachfrage nach neuer Netzwerktechnik hoch bleibt, wird Cisco mit dieser „Degradierung“ leben können. Generell gilt: Die genannten US-Unternehmen sehe ich eher stark bei etwas einfacheren Anwendungen.

Arista hingegen gilt ausweislich des US-Marktforschers Gartner als sog. Visionär-Unternehmen. Man spielt immer dann seine Stärke im Markt aus, wenn komplexe Lösungen vor allem für Rechen- und Cloud-Zentren gesucht werden. So betreut Arista derzeit die Unternehmenskunden Microsoft und Meta Platforms. Mein Eindruck ist, dass man bei Microsoft die Lösungen der Juniper oder HPE nicht so dringend benötigt. Stand heute sehe ich den Erfolg der Arista Networks durch das neue Unternehmen nicht gefährdet. Trotzdem bin ich natürlich aufmerksam. Generell bin ich im Moment stark in diesem Markt engagiert. So habe ich für die Leser der Premium Chancen zuletzt einen Spezialisten für Cloud-Speicher angeschafft.

Der Chart zeigt, dass die Aktie sich auf Jahressicht ungefähr verdoppelt hat. Erstaunlich dabei vor allem der doch relativ gleichmäßige Anstieg. Noch sehe ich in der Arista-Aktie keine Ermüdungserscheinungen.

Wir bleiben also unverändert investiert und setzen auf weitere Prozente.

Empfehlung: halten

  

Boeing 737 verliert im Flug Kabinenteil – Aktie sackt massiv ab

Es ist mittlerweile zum Haare-Raufen. Auf einem US-Inlandsflug hat eine Boeing 737-9 Max auf einer Höhe von 3.000 Meter einen sog. Türstopfen verloren. Glücklicherweise waren die Sitze in unmittelbarer Nähe nicht besetzt, sodass sich lediglich ein Passagier leicht verletzt hat. Kurz zur Info: Bauseitig war an dieser Stelle im Rumpf ein Notausgang vorgesehen, der bei diesem Kabinentyp allerdings nicht benötigt wird. Folglich wird er mit einem Türstopfen fest verschlossen.

Mittlerweile hat die US-Luftfahrtbehörde den 737-9 Modellen mit US-Stationierung die Flugerlaubnis entzogen, damit die insgesamt 171 Maschinen nun geprüft werden können. Mittlerweile wissen wir, dass der Defekt nicht einmaliger Natur war, sondern auch bei anderen Maschinen dieses Typs auftreten kann.

Mein Eindruck ist, dass sich der betriebswirtschaftliche Schaden für Boeing zunächst in Grenzen halten wird. So veranschlagen Analysten die Kosten der außerordentlichen Inspektion auf rund 10.000 USD pro Einheit. Ferner dürfte Boeing an die betroffene Fluggesellschaft Alaska Air eine Entschädigung in Höhe von rund 18 Millionen USD zu leisten haben. So die ersten Prognosen.

Möglicherweise sind diese Prognosen etwas zu optimistisch. Schwer wiegt in jedem Fall für den Flugzeugbauer der erwartbare Reputationsverlust. Meines Erachtens stellt sich auch mittlerweile die Frage, ob die 737 überhaupt noch verkaufbar ist. Schließlich stürzten 2018 und 2019 bereits zwei Maschinen dieses Typs ab. Damals überlebten keine Insassen.

Ich bin hier selbstkritisch: Im Rückblick weiß ich, dass die Aktie der Airbus die bessere Idee gewesen wäre. Die Europäer machen ihr Ding, während Boeing die offensichtlichen Qualitätsprobleme nicht vom Tisch bringt. Wahrscheinlich werden bei Boeing nun Köpfe rollen. Die Probleme im US-Unternehmen liegen allerdings so tief, dass ich mich entschieden habe, die Aktie nun zu veräußern.

Ich bin mir bewusst, dass diese Maßnahme vor allem für diejenigen unter Ihnen, die zuletzt erst noch gekauft haben, sehr unangenehm ist. Die Aktie hatte ich zuletzt als Kaufen-Position geführt. Leider muss ich aufgrund des dramatischen Ereignisses diesmal ohne Zwischenschritt den Verkauf empfehlen.

Sie veräußern die Aktie der Boeing ohne Limit (bestens) über New York, Tradegate oder Xetra. An anderen Börsenplätze rate ich zu einem Verkaufslimit knapp unterhalb des letzten Kurses.

Empfehlung: verkaufen bestens

Börsenplatz: Xetra

WKN: 850471 / ISIN: US0970231058